Das Freihandels-abkommen EU – Mercosur ist ein Meilenstein für europäische Exporteure
Das Freihandelsabkommen EU – Mercosur ist ein Meilenstein für europäische Exporteure
Die Europäische Union und der Mercosur – bestehend aus Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguai – haben nach rund 20 Jahre Verhandlungen auf dem G20-Treffen in Tokio das weltgrößte Freihandelsabkommen vereinbart. Ende 1998 sind in Rio de Janeiro die ersten Gespräche hierzu aufgenommen worden, diese haben sich durch eine ganze Reihe von unterschiedlich ausgerichteten Regierungen und scheinbar endlose Diskussionen unterschiedlichster Interessensgruppen beidseitig des Atlantiks geschleppt, um nun – doch recht überrasschend – zu einem positiven Ende geführt zu werden.
Die Freihandelszone wird 780 Millionen Einwohner und 20 Billionen US-Dollar Wirtschaftsleistung näher zusammenrücken, wahrlich gigantische Ausmaße. Etwa ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung fallen darunter. Innerhalb von 10 Jahren soll das Abkommen schrittweise Zölle auf Autos, Maschinen, Chemie- und Pharmaprodukte, Kleidung, Textilien und Schuhe, aber auch Agrarprodukte und Fischereiereugnisse abbauen. Es ist die Rede davon, daß dann auf rund 90% aller zwischen den beiden Blöcken ausgetauschten Waren keine Zölle mehr erhoben werden sollen.
Auf Seiten Südamerikas werden somit wohl vornehmlich der Export agrarwirtschaftlicher Produkte, auf europäischer Seite von industrialisierten Produkten profitieren. Für beide Seiten bedeutet dies einen großen Einschnitt, da traditionell gerade diese Wirtschaftszweige protegiert werden: in Südamerika hat die Abschottung des Marktes zum Schutz der heimischen Industrie Tradition, und in Europa fürchten die Landwirte nicht zu Unrecht die Wettbewerbsfähigkeit der Agrarmultis zwischen Amazonasbecken und Pampa.
Vor allem für Brasilien und Argentinien ist das Abkommen ein wichtiger Schritt in Richtung einer wirtschaftlichen Erholung. Viele ausländische Investoren und exportorientierte Unternehmen haben ihre Aktivitäten in der Region heruntergefahren, seit die wirtschaftliche Entwicklung vehement nach unten ging. Nun werden zukunftsweisende Reformen endlich effektiv angegangen, und das Freihandelsabkommen ist hier nur das erste in der Reihe. In diesen Tagen und Wochen schaut Brasilien, ob endlich die lang erwartete und heiß diskutierte Rentenreform – ohne die das Land wohl fiskaltechnisch mittelfristig in Schwierigkeiten geraten dürfte – verabschieded wird. Parallel dazu, und erstaunlicherweise kaum wahrgenommen von einer breiteren Öffentlichkeit, wird an einer umfassenden Steuerreform gearbeitet.
Während die brasilianische Rentenreform zwar für die ökonomische Gesundung der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas essentiell wichtig ist, sind die direkten Auswirkungen für internationale Unternehmen, die lokale Marktanteile anstreben, eher zweit- oder drittranging. Ganz anders sieht es mit dem Freihandelsabkommen und der Steuerreform aus. Die primären Vorteile für den internationalen Handel liegen da auf der Hand: während europäische – und hier gerade die deutschen – Produkte in ganz Südamerika begehrt sind, können sie nun auch noch preislich entscheidend werbewerbsfähiger werden. Darüber hinaus kann die Steuerreform, sofern sie denn wirklich kommt, auch noch den bürokratischen Aufwand für Importeure deutlich verringern. Wer bereits mit einem südamerikanischen Land Geschäfte betreibt, weiss um die Bedeutung dieses Faktors...
Damit kann sich die Sicht des europäischen Exporteurs auf den südamerikanischen Markt merklich zum Besseren wenden. Bislang sind nämlich gerade diese beiden Punkte – fehlende preisliche Wettbewerbsfähigkeit und bürokratische Hürden mit Bezug zum Steuersystem – relevante Hemmschuhe für eine effektive Marktbearbeitung.
In Anbetracht der aktuellen globalen Herausforderungen für europäische Exporteure und Politiker, von den USA bis nach China, kann sich der Mercosur mit dem jetzigen Freihandelsabkommen als attraktiver Partner präsentieren. Was immer nur als Hoffnung für eine bessere Zukunft wahrgenommen wurde, wird endlich konkret.
Bei Fragen zum Freihandelsabkommen EU - Mercosur wenden Sie sich bitte an Herrn Daniel Berners, dberners@bernersconsulting.com