Praxistipp: Die Lieferketten in Zeiten des Coronavirus
Praxistipp: Die Lieferketten in Zeiten des Coronavirus
Das neuartige Coronavirus Covid-19 sorgt für schwer zu bewertende Situationen. Zwar ist das Gesundheitsrisiko für den Einzelnen in Deutschland (wie auch in China) gering, sowohl in Bezug auf Infektionswahrscheinlichkeit als auch auf Schwere der Krankheit. Doch die teilweise drastischen Maßnahmen der Behörden in China zur Eindämmung des Virus sorgen für Spannungen in den chinesischen Lieferketten. In diesem Artikel geben wir Einblick in die Situation und in unsere Erfahrungen mit dem aktuellen Lieferkettenmanagement.
Für mehrere deutsche Mittelständler betreuen wir insgesamt etwa ein Dutzend Lieferanten in China. Während unsere Auftraggeber die kaufmännische und vertragliche Beziehung direkt pflegen, kümmern wir uns um die persönlichen Beziehungen zu den Führungskräften und Schlüsselmitarbeitern bei den Lieferanten, sorgen für eine ausgewogene Risikoverteilung und unterstützen bei Kommunikationsproblemen oder auch bei besonders wichtigen Themen oder zeitkritischen einzelnen Bestellungen. Die Aufträge im Lieferkettenmanagement laufen meistens schon seit vielen Jahren, so dass sich die Beziehungen im Laufe der Zeit aufgebaut haben.
Beim Risikomanagement achten wir auf mehrere Aspekte, zum Beispiel:
- Sorgfältige Auswahl und Auditierung der Lieferanten, insbesondere auch nach Aspekten der soliden und nachhaltigen Unternehmensführung
- Aufbau persönlicher Beziehungen zu den Entscheidungsträgern der Lieferanten
- Regelmäßige Telefonate und Besuche, um Veränderungen bei den Lieferanten frühzeitig zu erkennen
- Verteilung der Lieferanten auf verschiedene Regionen
Beim aktuellen Coronavirus-Ausbruch ist das Hauptproblem, dass die Personenfreizügigkeit von den Behörden stark eingeschränkt wird. Viele Beschäftigte stecken nach dem chinesischen Neujahrsfest in ihren Heimatstädten fest und können nicht zu ihren Arbeitsstätten reisen. Dies führt zur Reduzierung der Kapazitäten bei unseren Lieferanten sowie zu Störungen in den vorgelagerten Lieferketten. Zudem ist die Logistik innerhalb Chinas eingeschränkt, so dass auch die Export- und Importabwicklung leidet, da Waren nicht aus den Zoll-Lagern abfließen können. In dieser Situation schlagen sich die oben genannten Punkte 1-4 bei der Risikominderung wie folgt nieder:
- Insgesamt stellen wir einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Lieferanten fest, bedingt durch solides Unternehmertum.
- Die Bestehende Vertrauensbeziehung zu den Entscheidungsträgern ermöglicht die direkte und partnerschaftliche Ansprache kritischer Themen.
- Durch die Vertrautheit aus vielen, vielen Gesprächen können wir die Informationen der Lieferanten gut einschätzen, um herauszuhören, ob die Situation tatsächlich so harmlos ist wie vom Lieferanten geschildert (denn natürlich ist die erste Reaktion von Lieferanten grundsätzlich: "wir haben kein Problem").
- Bis gestern waren vier Städte in der Provinz Zhejiang als Risikogebiet klassifiziert. Einer unserer Kunden hat zwei seiner fünf Lieferanten in dieser Stadt; ein sechster Lieferant in einer komplett anderen Region ist im Aufbau. Durch die große geografische Verteilung war der Einfluss auf die Liefersituation des Kunden begrenzt.
Zusammenfassung: Die gute Vertrauensbeziehung schafft uns eine gute Transparenz, auch in der Krise. Durch unsere Vertrautheit mit den Personen und Werken der Lieferanten können wir die Aussagen der Lieferanten gut einschätzen. Durch die geografische Verteilung der Lieferanten bleibt der Einfluss auf die Liefersituation gering, denn unsere Kunden können bei Bedarf zeitweise die Lieferanten in anderen Regionen hochfahren. Durch die bestehende Beziehung und die historisch gute Verlässlichkeit unserer Aussagen vertrauen die betroffenen Lieferanten zudem darauf, dass diese Verschiebung der Lieferquoten vorübergehend ist.
Unser Fazit: Momentan gibt es nur bei drei der ca. ein Dutzend Lieferanten signifikante Probleme. Nur bei einem dieser Lieferanten resultierte ein Lieferproblem für ein zeitkritisches Produkt, auf das wir uns daher voll konzentrieren können. Die zuständige Einkaufsleiterin bei unserem Kunden fühlte sich hinreichend abgesichert, dass sie ihren für diese Woche geplanten Urlaub angetreten hat und die Handhabung dieser Lieferproblematik in unseren Händen belässt.
Was Sie jetzt tun können: Falls es bereits zu Lieferproblemen kommt, können wir gern die Kommunikation mit Ihren Lieferanten unterstützen. Oft hakt es an einer spezifischen Stelle, die aber für die Lieferanten nicht so leicht zu kommunizieren ist. Hier können wir durch vertrauensvolle Gesprächsführung auf Chinesisch mit den Führungskräften meistens Klarheit schaffen. Zudem haben wir ein gutes Netzwerk von Dienstleistern, die auftretende Probleme (z.B. in der Logistik) oft lösen können. Auch falls sich noch keine Lieferprobleme ergeben haben, sind die von den Lieferanten übermittelten Informationen oft schwer einzuschätzen, so dass eine gute Risikobewertung und vorbeugende Maßnahmen im Einkauf schwierig sind. Hierbei können wir Sie durch Telefonate unserer erfahrenen Lieferantenmanager mit den Lieferanten unterstützen. Zudem können wir die Situation vor Ort in Augenschein nehmen und so die Entwicklung einer realistischen Bewertung Ihres Einkaufs unterstützen. Wir haben auch Vergleichswerte aus verschiedenen chinesischen Regionen, um den Eindruck der einzelnen Lieferanten einzuordnen. Sprechen Sie uns gern an!
Natürlich kann es auch bei professionellem Lieferkettenmanagement zu Störungen in der Lieferkette kommen. Doch es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeiten. Oder mit einem alten Sprichwort ausgedrückt: Das Glück belohnt den Tüchtigen - vor Allem im Einkauf!
Bei Fragen zu robusten Lieferketten wenden Sie sich bitte an Herrn Lutz Berners, lberners@bernersconsulting.com