Automobilmarkt China: Kurzfristige Schwäche, langfristige Strategie
Automobilmarkt China: Kurzfristige Schwäche, langfristige Strategie
Dieser Artikel baut auf unserem Beitrag zur aktuellen Ausgabe von China Contact auf. Eine umfassende Darstellung der chinesischen NEV-Strategie 2021-2035 finden Sie auf den Seiten 16-18.
Die Automobilindustrie hat es momentan nicht leicht. Zusätzlich zum Wandel zur Elektromobilität, der die Branche schon seit einigen Jahren beschäftigt, belastet eine seit ca. 2 Jahren andauernde Marktschwäche in China die Unternehmen. Glücklicherweise für die deutschen Hersteller betraf die Marktschwäche lange Zeit eher die Segmente, in denen vorwiegend lokale chinesische Hersteller aktiv waren. Sowohl die hochwertigen Massenfahrzeuge (also das VW-Kerngeschäft) als auch das Premiumsegment (Audi, BMW, Mercedes) waren weniger betroffen, so dass die deutschen Hersteller relativ gut durch die letzten Jahre kamen. Für 2020 wurde eine Erholung prognostiziert. Nun aber gesellt sich der Einfluss der Coronakrise hinzu, und der Markt leidet unter einer beispiellosen Absatzschwäche. Die Regierung hat bereits Konjunkturmaßnahmen angekündigt, so dass Hoffnung auf Besserung besteht.
Interessante Nebenbeobachtung: Die letzte große Viruskrise in China (SARS, 2003) führte zu einem Boom der Neuzulassungen - manche sagen sogar, es war der Durchbruch für die private PKW-Nutzung. Aufgeschreckt durch die wahrgenommene Ansteckungsgefahr mieden viele chinesische Bürger den ÖPNV und kauften sich lieber ein Auto. Wie sich die Zeiten ändern können...
Langfristig sehen wir keine Änderung der chinesischen Strategie. Der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge wird in den nächsten zehn Jahren sehr stark wachsen. Das Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) veröffentlichte im Oktober 2019 den Plan für die Entwicklung der NEV-Branche 2021-2035 (Entwurfsversion). Dieser Plan baut direkt auf den bestehenden Strategien und Plänen auf und stellt den Wandel zur Elektromobilität in den Mittelpunkt. Hierbei sollen zunächst Batterieelektrische Fahrzeuge ("BEV") weiter eingeführt werden, und gegen Ende des laufenden Jahrzehnts sollen sich Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge ("FCEV") für einige Anwendungen (z.B. Schwerlastverkehr) hinzugesellen. Der Schwerpunkt für das jetzige Jahrzehnt liegt ganz klar auf den BEV. Bis 2030 sollen die jährlichen Absätze auf ca. 7-8 Milllionen BEV und ca. 1 Million FCEV steigen.
Kurzfristig kommt es immer wieder zu Anpassungen der Fördermaßnahmen der Regierung, was für den gelegentlichen China-Beobachter den Anschein einer Abkehr von der Batterieelektrik erwecken kann. Bei den Mobilitätsexperten, die sich stetig mit China befassen, ändert sich hierdurch die Bewertung allerdings nicht. Die langfristigen Planungen sind einfach zu eindeutig.
Bei Fragen zur chinesischen Elektromobilität wenden Sie sich bitte an Lutz Berners, lberners@bernersconsulting.com